Ahh,
ma cherie! Da bist du ja endlich! Wir erwarten deine Ankunft bereits
mit Sehnsucht! Selten war Kadija so galant begrüßt worden, daher sah
sie über die Tatsache hinweg, dass sie den Mann, der ihr soeben aus der Kutsche
half, gar nicht kannte.
Excuse
moi, ich wurde aufgehalten, sie versuchte, etwas zu sagen ohne ihre
Verwirrung preiszugeben. Ihr Gegenüber verzog verständnisvoll das Gesicht.
Paris ist eine schreckliche Stadt um diese Zeit, all diese Menschen...
aber wir wollen die Ballsaison doch nicht ungenutzt verstreichen lassen. Komm,
meine Liebe.
Kadija
ergriff den ihr dargebotenen Arm und versuchte, in den Stöckelschuhen einigermaßen
sicher durch den herbstlichen Schlamm zu laufen; ihr Begleiter hatte ähnliche
Probleme und schwieg, was ihr Zeit zum Nachdenken verschaffte. Sie war hier
zur Probe durch die Q. Sie kannte weder den hellerleuchteten palastähnlichen
Prunkbau vor ihr, noch sah sie ein bekanntes Gesicht unter den dahinstrebenden
Gästen.
Sie registrierte
ihre Kleidung als ein empörend tief ausgeschnittenes Etwas aus grüner Seide
mit allerlei Zierrat und eng geschnürtem Mieder, im Stile ähnlich den Kleidern
der anderen Frauen. Die Männer stakten in verblüffend lächerlichen Kniehosen
und Röcken aus Samt und Brokat daher. Sie befand sich in Paris, Q weiß in
welcher Zeit.
Bevor
sie die Treppe zum Einlass hinaufgestiegen waren, beugte ihr Begleiter sich
zu ihr und flüsterte: Denk an den Herzog. Wir brauchen soviel wie möglich.
Keine Sorge, es wird schon gut gehen, fügte er hinzu. Dann betraten
sie den Ballsaal.
--- Später
Stirnrunzelnd
fasste sich Kadija in der Privatsphäre des Toilettenraumes ans Strumpfband,
wo ihre Finger einen kurzen Dolch ertasteten. In den letzten zwei Stunden
hatte sie sich erfolgreich um die Gruppentänze gedrückt und verschiedene Gespräche
aufgeschnappt. Aus denen schloss sie, dass sie sich auf einem Ball ihrer Majestät
Louis von Frankreich befand, auf dem sich ebenfalls Charles Stuart aufhielt,
der sie verschwörerisch angeblinzelt hatte. Augenscheinlich versuchte er,
sich sein Geburtsrecht zu verschaffen.
[HtB:
Das Recht der ersten Nacht?]
Um wieder
König von Schottland zu werden, musste er die englische Vorherrschaft in Schottland
beenden, dazu brauchte er Geld, um seine verbündeten Clanoberhäupter zum Aufstand
zu überreden. Eine seiner Ideen war, Frauen auf eventuelle Geldgeber anzusetzen,
damit sie sie überredeten, Prinz Charlie beizustehen. Kadija war also auf
einen Herzog angesetzt, doch sie wusste nicht, welchen. Die unterschwellige
politische Spannung auf dem Ball knisterte förmlich.
[HtB:
Und irgendwo haben die Grünen da noch ihre Finger im Spiel]
Soeben
starrte sie in den Spiegel, unmutig über ihre Situation und bewunderte gleichzeitig
ihre Frisur, als sich die Tür öffnete und sie ein bekanntes Gesicht sah. Erstaunt
drehte sie sich um. Sie sind von der Mirage! Ich habe Sie bei der Verhandlung
gesehen!
"Madmoisell,
hören Sie mir zu?" fragte jemand. Tamara blinzelte und sah ihr gegenüber
fragend an. "Oh, verzeihen Sie. Was sagten Sie?" sagte Tamara schnell.
Ihre Gedanken überschlugen sich. Eben noch war sie doch in diesem komischen
Gerichtssaal und nun weiß Q wo.
Oder eher
wann. Sie würde die Kleidung und die Frisuren ins Barock oder Rockkoko Zeitalter
einordnen. Sie wußte aber nicht genau welche der beiden. Ihr Gesprächspartner
erzählte munter weiter.
"Sie
entschuldigen doch, Monsieur. Ich geh mir kurz das Näschen Puder." unterbrach
sie ihn freundlich lächelnd.
"Natürlich."
Tamara ging vorsichtig los, um ja nicht mit diesen unmöglichen Schuhen umzuknicken.
Nach einiger Zeit der Suche fand sie auch das was wohl eine Toilette sein
sollte.
Als sie
die Tür öffnete blickte sie in ein erstauntes Gesicht und wurde mit den Worten:
Sie sind von der Mirage! Ich habe Sie bei der Verhandlung gesehen!
Tamara
zog eine Augenbraue hoch und meinte: "Ich hab sie auch gesehen, aber
nicht nur bei der Verhandlung. Ich bin Tamara East, die Bordfriseurin."
Sie bot ihr die Hand an. "Sie können mich ruhig Tamara nennen."
"Ich
war aber noch nie beim Friseur," entgegnete Kadija dümmlich und ignorierte,
dass ihr Spiegelbild ihr das Gegenteil bewies. Sie fasste sich wieder und
ergriff Tamaras Hand.
"Ensign
Kadija Ceram. Kennen Sie sich hier aus? - Tamara?" fügte sie hinzu.
Tamara schüttelte bedauernd den Kopf.
"Ich
glaube, ich bin hier um Gelder für Prinz Charles Stuart zu beschaffen, damit
er seinen Thron zurückerobern kann. Dazu soll ich einen Herzog becircen. Aber
ich habe weder eine Ahnung, welchen, noch was die Q damit bezwecken. Vielleicht
sollten wir uns da draußen weiter umhören." Kadija öffnete die Tür und
prompt fiel der Lärm des Streicherquintetts und tratschender Ballbesucher
herein. Sie winkte Tamara.
"Wir
sollten dicht zusammenbleiben," meinte sie, dann begaben sie sich zurück
aufs Schlachtfeld.
Kadija
hatte gewiss nicht vor, Gelder einzutreiben, trotzdem hielt sie Ausschau nach
dem gewissen Herzog. Davon gab es allerdings massig. Sie fragte sich, was
ihre Anwesenheit bewirken sollte. Was bezweckten die Q?
Sie hatten
sich erfolgreich in eine unauffällige Ecke zurückgezogen und beobachteten
etwas ratlos das bunte Treiben, als Kadija Prinz Charles entdeckte. Sie machte
Tamara auf ihn aufmerksam und im gleichen Augenblick entdeckte er sie.
"Ma
chere Louise," er drückte Tamaras Handrücken an seine Lippen, wobei der
Puder der Perücke aufwolkte. "Ihr habt Euren versprochenen Tanz noch
nicht eingelöst. Darf ich bitten?" Es blieb der Bordfriseurin nichts
übrig, als Charles zu folgen.
"Unverschämt,
seine Konkubine hierher einzuladen, non?" hörte Kadija die nebenstehende
Dame. "Auch wenn er jung heißt das nicht, dass er sich alles erlauben
sollte."
Ein Blick
zur Seite zeigte Kadija, dass die betreffende Dame sich wohl selbst Hoffnung
auf den Bettquietschposten machte. Sie rückte ein wenig zur Seite, Richtung
Buffet.
[HtB:
Watt ham wa dochn Glück, dass mit Kadija Ceram eine Person mit so unglaublicher
Menschenkenntnis zur Mannschaft gehört...]
Tamara
war also die Mätresse des verbannten schottischen Prinzen. Was hatten die
Q bloß vor?
"Es
ist ein Test," murmelte sie vor sich hin, "nur welcher? Charakterstärke?
Richtiges Handeln in der richtigen Situation? Soziales Verantwortungsgefühl
entwickeln? Über den eigenen Schatten springen?"
Unruhig
durchstreifte sie den Ball, auf der Suche nach dem Clou. Missmutig nahm sie
einen kräftigen Schluck des vorzüglichen Rheinweines.
--- eine
Stunde später
Was machte
das Leben aus? Kadija mochte den Job auf der Mirage, aber jetzt fand sie,
hatte sie etwas Spaß verdient. Immer das Beste aus der Situation machen! Und
noch einen Schluck! Nachdem sie die dankbare Menge zu einer Tortenschlacht
bewegt hatte und ihnen dann die Freuden des Dolchwerfens auf unerwünschte
Personen zeigte, war sie der Star der Party und saß rundherum glücklich in
einer Schar von Jünglingen, die anscheinend nichts mit sich anzufangen wussten.
"Und
am besten nie die Abkürzung durch eine Jeffreysröhre nehmen, das macht die
Techniker ganz verrückt...die werden richtig sauer bei so was...aber den Steuermann
darf man ärgern, das ist schon ein Sport geworden. Oh, und wartet, bis ihr
die Story mit den Wesen hört, die meinen Geist übernommen haben..."
Ja, sie
hatte Spaß. Nett von den Q, ihr mal etwas Freizeit zu gönnen. Der Junge in
der zweiten Reihe sah auch recht schnuckig aus.
"Das
würde ich nicht tun," sagte eine eklige Stimme. Aus der Bahn geworfen
drehte Kadija sich überrascht um, sah aber niemanden. "Nur du kannst
mich hören."
"Ja
klar, sicher. Einen Moment," teilte sie ihrer Zuhörerschaft mit, "ich
höre grade eine Stimme in meinem Kopf." Die Schar nickte, das schien
nichts außergewöhnliches zu sein.
"Sag,
was du zu sagen hast. Ich bin beschäftigt."
Tamara
hatte nur ungern mit dem Prinzen getanzt. Mitten im Tanz ging eine Tortenschlacht
los. Mit müh und not zog sie sich zu einem ruhigen Plätzchen zurück.
'Was geht
hier nur vor?' fragte sie sich. Ein paar Leute liefen Dolchwerfender Weise
hinter anderen her. Tamara schüttlte den Kopf. Sie beschloss Kadija zu suchen.
Nach einiger
Zeit fand sie diese auch, umringt von Jungen Herren.
"Verzeihung."
sagte sie und drängelte sich durch. "Miss Ceram, was in aller Welt machen
Sie da?" fragte sie schließlich verständnislos.
"Psst."
kam es zurück. "Da will eine Stimme die nur ich hören kann etwas zu mir
sagen."
"Klar.
Und gleich kommt eine Herde Rosa Elefanten rein gestürmt. Entweder ist es
ihr Gewissen, das sich gerade über einen irreparablen Eingriff in die Zeit
beschwert oder der Wein is ihnen zu Kopf gestiegen." meinte Tamara und
verschränkte die Arme vor der Brust.
"Wohl
eher der Wein," sagte Kadija vergnügt. "Die Elefanten würd ich echt
gern sehen..."
"Weißt
du, dass du nicht das Geringste während deiner Zeit hier zustande gebracht
hast?" fuhr die Stimme unbeeindruckt fort.
"Ich
hatte immerhin Spaß. Das war mal ein schöner Urlaub. Danke übrigens."
"Wofür?"
fragte Tamara verwirrt.
"Das
Kontinuum ist doch keine Reisegesellschaft!" ermahnte die Stimme.
"Damit
würde sie aber eine Menge Latinum machen," meinte Kadija. "Solltet
ihr euch mal überlegen. Hab ich nun gewonnen?"
"Es
geht nicht ums Gewinnen. Trotzdem ist deine Mission fehlgeschlagen. Du und
deine Begleiterin, ihr habt nicht herausgefunden, was ihr hier solltet, und
auch nicht danach gehandelt. Ihr habt versagt."
Bevor
Kadija widersprechen konnte, hörte sie ein scharfes Holzklopfen und fand sich
wie vor Beginn ihres Ausfluges im Richtersaal wieder. Diesmal in einem separaten
Käfig mit der Aufschrift: Versager.
Ein Webangebot von der Crew der USS Mirage NCC 24866
Zurück zur Startseite.