Der aufkommende Sturm blies Starling den kalten Regen ins Gesicht. Sie
kniff die Augen zusammen und hielt ihr Pferd an. Die Stute taenzelte nervoes
hin und her. Starling hatte mit ihrem Pferd und ihrem Huskey Shanta endlich
nach einem Zwei-Stunden-Ritt ihren Lieblingsort auf Island erreicht und von
dort wuerde sie nicht einmal der Regen mehr vertreiben koennen. Es war eine
Stelle von der aus man einen wunderschoenen Ausblick
auf den Askja hatte, der einer der wenigen Vulkane war, die
noch gelegendlich eine Rauchwolke
von sich gaben. Sie stieg von ihrem Pferd und fuehrte es nahe zu einer Felswand,
wo sie alle so ziemlich vor dem Wind geschuetzt waren.
Waehrend Shanta lautstark den Regen anbellte, setzte sich Starling und genoss
den Ausblick. Sie lies die letzten Tage an sich vorbei ziehen, dachte an Mahon,
mit dem sie hierher nach Island gekommen war, der sie aber heute bereits vorzeitig,
wahrscheinlich
vom aufziehenden Gewitter abgeschreckt, verlassen hatte und
wahrscheinlich schon zuhause angekommen war. Sie jedenfalls genoss den Regen.
Auf einem Raumschiff regnete es fuer ihre Verhaeltnisse leider viel zu selten.
Am Horizont schlug ein Blitz in den Boden ein, kurz darauf war der Donnner
zu hoeren. Die Stute wieherte aufgeregt. Shanta verkroch sich hinter Starling.
"Ganz ruhig", sie versuchte ihr Pferd zu beruhigen. Aber eigendlich
hatten die Tiere ja recht, dass sie hier weg wollten. Das Gewitter wuerde
sie bald erreichen und dann sollte man am besten irgendwo unter Dach sein.
'Nur noch ein bisschen', dachte sich Starling und versank wieder in Gedanken.
Diesmal war sie ganz woanders. Sie dachte an die alte Mirage Crew. Fast alle
von ihnen waren tot und einge davon waren ihrer Freunde gewesen. Zwar nicht
sehr viele, dafuer war sie
noch nicht so lange an Board gewesen. Waehrend sie in Leere
starrte, kamen ihr langsam die Traenen. Und diesmal bemuehte sie sich erst
gar nicht, sie zurueckzuhalten.
Ein neuer Donner riss sie wieder aus ihren Gedanken. Er war bereits viel lauter zu hoeren. Die Stute wurde
immer unruhiger. Starling stand auf und bestieg gedankenverloren das Pferd.
Langsam lies sie die Stute den Pfad hinuntersteigen. Shanta folgte den beiden.
Ein zweiter noch lauterer Donner erschreckte die Stute. Sie machte einen
Satz nach vorne, stieg, verlor den Halt unter den Hufen und stuertzte. Shanta
konnte sich gerade
noch mit einem Sprung in Sicherheit bringen, bevor Starling
mitsamt der Stute im Schlamm landete. Das Pferd sprang schnell wieder auf
die Beine und auch Starling rappelte sich wieder auf. Shanta sprang laut bellend
um die beiden herum.
"Shanta, halt die Klappe!" Der Hund war sofort muksmaeuschen still
und zog verschreckt den Schwanz ein. So wuetende Worte hoerte er selten von
seinem Frauchen.
Starling holte tief Luft. "Shanta, es tut mir leid, entschuldige. Komm
wir gehen jetzt nach Hause." Sie bestieg wieder ihr Pferd und trieb die
Stute an. Sie wollte so schnell wie moeglich nach Hause.
---
Im Stall angekommen begann Starling die Stute zu saeubern, als sie Lisbeth,
ihre Schwester, bemerkte, die am anderen Ende des Raumes stand. Jetzt trat
diese zu ihr.
"Seid ihr gestuertzt?" fragte sie besorgt.
"Es ist nichts passiert." war die genervt klingende Antwort. Das
letzte was Starling jetzt noch gebrauchen konnte, war die muetterliche Fuersorge
ihrer grossen Schwester.
"Naja, ich dachte nur... ich meine...", Lisbeth hatte dies anscheinend
bemerkt, "... ich mache mir halt Sorgen um dich."
Lisbeth trat zu Starling und legte einen Arm um ihre Schultern. "Das
verstehst du doch, oder?"
"Jaja, tut mir leid." Starling laechelte ihre Schwester entschuldigend
an. Was waere sie nur ohne Lisbeth und deren muetterliche Fuersorge.
Gemeinsam verliesen sie den Stall und gingen Richtung Wohnhaus. Im Inneren
roch nach Klingonischem, Starlings Lieblingsessen. Jetzt war auch ihr
letzter Truebsal beseitigt. Der Tag schien doch noch gut auszuklingen.
---
Am naechsten Morgen erwachte Starling, als eine kalte Hundeschnautze ueber
ihr Gesicht fuhr. Sie schlug die Augen auf und sties Shanta mit einer sanften
Handbewegung von ihrem Bett. "Boeser Hund", pfauchte sie spasshalber
den Huskey an, "Was faellte dir ein mich so frueh aus dem Bett zu holen.
Ausserdem hast du Mundgeruch, putz dir gefaelligst die Zaehne!"
Shanta sass hechelnd und erwartungsvoll vor ihr. "Nein, ich putz dir
nicht die Zaehne. Das musst du schon selbst tun." Langsam wurde Starling
bewusst, dass sie da gerade ein Selbstgespraech mit ihrem Hund fuehrte. 'Was
soll's', dachte sie sich und begann dann,
ihre Sachen einzupacken.
Der Urlaub war vorbei und sie musste wieder zurueck aufs Schiff. Und das
bedeutete auch, dass jetzt das, was sie den ganzen Urlaub bewusst ignoriert
hatte, wieder zu Tage kam. Ab heute war sie wieder Offizier der Sternenflotte
und das bedeutete fuer Mahon,
dass er ihr jetzt ein paar Antworten schuldig war, die sie
von ihm, um im Urlaub ihre Ruhe zu haben, noch nicht verlangt hatte.
Sie zog sich ihre Uniform an und ging den Gang entlang um Mahon in seinem
Zimmer aufzusuchen.
---
Sie klopfte an und betrat nach einem lauten "Herein" den Raum.
Mahon war anscheind gerade auch am Zusammenpacken.
"Mr. Mahon", ihre Stimme hatte nicht mehr den freundschaftlichen
Klang, den sie sonst Mahon gegenueber hatte, "Der Urlaub ist vorbei und
jetzt haben wir Zeit genug, dass Sie mir ein paar Dinge erklaeren. Zum Beispiel
wieso Sie den Admiral gegen alle Vorschriften auf das Jellanische Schiff gebeamt
haben? Und Sie schulden mir noch eine Antwort auf meine Frage von der Bruecke
der Mirage."
Ihre Augen blitzten ihn an. Das Thema schien ihm unangenehm zu sein, aber
das war ihr egal. Wenn er sich jetzt noch einmal einfach so rauszureden versuchte,
dann wuerde es fuer sie vorbei sein mit der Freundschaft zu ihm. Sie konnte
ihm nicht vertrauen, wenn er ihr nicht vertraute oder vielleicht sogar gewisse
Vorurteile gegen sie oder die anderen
Ueberlebenden der Miragecrew hatte. Vielleicht wollte sie
aber auch im Unterbewusstsein, einfach nur ihre Freundschaft auf die Probe
stellen, auf eine harte Probe.
Mahon war tatsaechlich etwas verwirrt. Gut, er hatte sich in diesem Urlaub
etwas zurueckgezogen, schon allein,
weil er kein Reittier gefunden hatte und Starling auf diese Ausfluege nicht
verzichten wollte. Trotzdem hatten sie ein vertrautes Verhaeltnis freundschaftlicher
Natur aufgebaut. Deshalb wunderte es ihn um so mehr, einen solchen Groll in
Starlings Stimme zu hoeren.
Mahon: "Ich verstehe ihren ploetzlichen Groll nicht. Niemand an Bord
der Mirage hat etwas persoenliches gegen sie. Wir sind einfach alle paranoid
gewesen. Wenn sie erlebt haetten, was wir erlebt haben, wuerden sie mich verstehen.
Wir waren sehr lange auf uns allein gestellt und es faellt wohl der ganzen
Crew der USS Daventry schwer, ploetzlich wieder einer uebergeordneten Instanz
zu vertrauen. Dann die Sache mit den
Romulanern und diesem Krieg! Sie muessen verstehen, wir waren
verwirrt und misstrauisch. Und dann Toyce. Sie wissen selbst, dass er unsere
obersten Direktiven gebrochen hat. Direktiven, die wir sogar im Deltaquadranten,
weit weg von irgendeinem
Aussenposten befolgt haben..." der Andorianer stockte
kurz, "...jedenfalls haben wir versucht, sie zu befolgen."
Er zögerte kurz, suchte nach den passenden Worten. "Toyce hat unsere
Ideale verraten," fuhr Mahon fort "und er hat meinen besten Offizier
auf dem Gewissen. Ich habe ihn trotzdem nicht auf das gegnerische Schiff gebeamt.
Ich weis nicht, wer es war. Irgend jemand bat um eine Schilddiagnose und ich
habe sie gewaehrt. Ich wuerde luegen,
wenn ich behaupten wuerde, ich haette nicht geahnt, warum
die Schilde gesenkt werden sollten. Toyce wird fuer seine Tat bestraft. Und
ich kann nicht sagen, dass das mir leid tut oder dass ich Gewissensbisse deswegen
habe."
Mahon sah Starling mit einem ernsten Blick an: "Ich hoffe, dies behindert
nicht unsere Freundschaft. Seien sie sich sicher, ich misstraue ihnen und
ihren Freunden nicht mehr. Und sie mag ich sogar. Ich hoffe, das bleibt so!"
Daraufhin schloss Mahon den Koffer. Er und Starling verliessen den Raum.
---
Starling betrat langsam das Shuttle, das sie zur Mirage bringen sollte. Sie
war nach dem Gespraech mit Mahon so verwirrt gewesen, dass sie beschlossen
hatte, schon etwas frueher ohne Mahon zum Schiff zurueck zu kehren. Das Shuttle
hob ab. Sie war jetzt allein mit dem Shuttlepilot.
Nach einer Weile des intensiven Musterns, hob der Shuttlepilot das Schweigen
auf: "Wann werden Sie wieder an Board erwartet?"
"Erst in einigen Stunden", ueberrascht ueber die Frage, antwortete
Starling bereitwillig.
"Also erst in ein paar Stunden", fuhr der Shuttlepilot fort, "Sind
Sie eigendlich jemals die Route Erde-Mars und zurueck geflogen?"
Bevor Starling noch antworten konnte, fiel sein Blick auf ihre Uniform und
er antwortete sich selbst: "Ach nein, Sie sind ja vom medizinischen Personal.
Dann natuerlich nicht. Dann werden Sie wahrscheinlich nicht kennen, was ich
Ihnen jetzt vorschlagen wollte."
"Probieren Sie es doch aus. Vielleicht kenne ich es ja doch." Starling
war neugierig geworden.
"Okay", der Shuttlepilot dreht sich zu ihr und begann: "Man
steuert direkt die Athmosphaere des Mars an, zieht im richtigen Moment das
Shuttle nach oben, streift die Athmosphaere...."
"...und betet, dass einen keiner gesehen hat", vollendete Starling
den Satz, "Das ist mir bekannt. Ist es nicht allerdings ziemlich gefaehrlich?"
"Das ist ja der Reiz daran. Und ich bin das schon zigmal geflogen. Also,
was ist? Gehen Sie das Risiko ein oder sollen wir es lieber bleiben lassen?"
Waehrend er sprach, hatte er bereits den Kurs Richtung Mars geaendert. Starling
nickte begeistert. Genau das wollte sie jetzt tun, irgendetwas um ihren Frust
abzuschuetteln.
Das Shuttle steuerte den Mars an, streifte die Athmosphaere und verlies diese
wieder. Im Shuttle versuchte Starling sich krampfhaft festzuhalten. Das Shuttle
war ordentlich durchgeruettelt worden. Shanta schien mit dem Ganzen nicht
so ganz einverstanden
gewesen zu sein. Beleidigt trollte sie sich in den hinteren
Teil des Shuttles.
"Die beruhigt sich schon wieder", meinte Starling lachend zu dem,
von Schuldgefuehlen geplagt dreinschauenden, Shuttlepilot.
Dieser erwiederte ebenfalls lachend: "Jetzt sollten wir, besonders Sie,
beten, dass die von der Mirage das nicht gesehen haben. Sonst haben wir beide
ein Problem."
"Aber das war es wert. Sind Sie nicht auch dieser Meinung?" Starling
lachte noch immer.
"Vollkommen!", war die Antwort," Aber jetzt sollten wir lieber
zur Mirage fliegen. Nicht, dass die uns schon als vermisst erklaeren."
Starling nickte, waehrend sie weiter vor sich hin lachte. Das war mit Abstand
einer ihrer interessantesten Shuttlefluege gewesen. Fuer einen Augenblick
hatte sie alles hinter sich lassen koennen und dafuer war sie dankbar.
---
An Board angekommen, brachte sie zuerst ihr Gepaeck in ihr Quartier und machte
sich dann mit Shanta auf den Weg nach 10 Vorne um in Ruhe zu fruehstuecken,
bevor ihr Urlaub ganz vorbei war.
Ein Webangebot von der Crew der USS Mirage NCC 24866
Zurück zur Startseite.